Die Zeckeninfektion Borreliose ist eine tückische Erkrankung, die Betroffene und Ärzte oft auf die falsche Fährte lockt.
Was tut ein Wanderer, ein Jogger, ein Radler, ein Spaziergänger, wenn das Knie schmerzt? Richtig: Er (und wahrscheinlich auch sein Arzt) schiebt es auf das Hobby in freier Natur. Wenn er dann nicht nachhakt und vorerst auf gesunde Fortbewegung verzichtet, bleibt es vielleicht trotzdem bei den Beschwerden - solange niemand an einen Zeckenstich denkt und den Verdacht "Lyme-Borreliose" äußert.
Ein durch Schleimbeutel-Entzündung schmerzhaftes Knie gilt als eines der häufigsten Symptome der Borreliose. An ihr erkranken pro Jahr 40.000 bis 80.000 Menschen allein in Deutschland. Die meisten können sich an keine Zecke erinnern. Auch täuschen Fotos von prallgesogenen Zecken über die Realität hinweg: 80 Prozent der an Menschen gefundenen Sauger sind Zeckenmädchen, Nymphen, die noch nicht größer als einen Millimeter sind.
Die Symptome der Borreliose imitieren viele andere Erkrankungen, so dass Fehldiagnosen wie Rheuma, Bandscheibenvorfall, Fibromyalgie, Thrombose, Multiple Sklerose, Sehnenscheidenentzündung, Gefäßverschluss, Gelenkentzündung bis hin zur Depression die Heilung mit Antibiotika verhindern oder verzögern. Wird diese Chance vertan, droht ein chronisches Stadium mit geringer Heilungsrate.
Charakteristische Symptome der Lyme-Borreliose sind Nachtschweiß, Grippegefühl und Herzgaloppieren sowie das Anfangssymptom Wanderröte. Dies ist ein runder Fleck oder Kreis um die Stichstelle, der - wenn überhaupt - Tage nach der Infektion sichtbar wird und von selbst wieder verschwindet. Oft wird das Merkmal übersehen, weil Zecken am liebsten in gut durchbluteten und nicht immer einsehbaren Hautfalten wie Achsel, Brust, Kniekehlen und Genitalien "andocken". Bei Kindern findet man sie häufig auf dem behaarten Kopf. Zecken fallen trotzdem nicht von Bäumen sondern krabbeln je nach Entwicklungsstadium nicht höher als 1,50 Meter.
Unzuverlässige Labortests verhindern häufig die richtige Diagnose. Sie alleine auf Antikörper im Blut zu gründen und bei negativem Ersttest eine Therapie zu verweigern, ist das Anfangslos vieler chronisch Kranker.
Therapie: Die Bakterien der Borreliose werden mit Antibiotika abgetötet. Im ersten der drei Krankheitsstadien gelingt das zu nahezu 100 Prozent innerhalb von drei Wochen mit täglich 200 Milligramm Doxycyclin täglich. Wird diese Chance vertan, können sich die Symptome in Vielfalt und Intensität - oft auch nach symptomlosen Wochen und Monaten - zu schweren Gelenkentzündungen, Nervenschmerzen, Lähmungen, Depressionen und Persönlichkeitsveränderungen steigern. Es gibt praktisch nichts, was es nicht gibt bei der Borreliose. Bei einer Spät-Therapie werden Antibiotika meist intravenös gegeben.
Der so genannte Zeckenatlas wiegt Patienten wie Ärzte in falscher Sicherheit. Die Risikogebiete beziehen sich ausschließlich auf Naturherde der Frühsommer-Meningo-Enzephalytis (FSME), eine virale, äußerst gefährliche Zeckeninfektion mit rund 250 Erkrankungen im Jahr. Die so genannte Zeckenschutzimpfung schützt ausschließlich vor den Folgen der FSME, nicht vor Borreliose. Diese gibt es flächendeckend in ganz Deutschland, Europa, auf der ganzen Erde. Und das bei Borreliose angeblich untrügliche Zeichen, eine Rötung um den Stich, zeigt sich nur bei etwa 60 Prozent der Infizierten.
Wäre Borreliose eine Firma und keine Krankheit, könnte man offen die fiesen Tricks anprangern, mit der diese Zeckeninfektion Patienten und Ärzte auf falsche Fährten lockt.
Bei Fragen rund um das Thema Borreliose stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
Buchtipp: Fischer/Siegmund, Borreliose - Zeckeninfektion mit Tarnkappe, Hirzel 2003, 160 Seiten, kartoniert, ISBN 3-7776-1233-2
Im Internet: www.borreliose-bund.de
Quelle: apotheken.de