Nacken! Wenn der Dreh- und Angelpunkt schmerzt
Stundenlanges Sitzen im Büro, eine falsche Bewegung, Zugluft aus dem offenen Fenster oder der Klimaanlage – und schon zieht und sticht es im Nacken. Dr. Munther Sabarini (Neurochirurg und Gründer der Avicenna Klinik in Berlin) weiß, was dagegen hilft.
„Häufig sind Haltungsprobleme und überlastete Muskeln im Rücken-, Nacken- und Schulterbereich die Hauptursachen für Nackenschmerzen“, erklärt der Mediziner. Ungünstig ist etwa die sogenannte Schildkrötenhaltung – runder Rücken, hervorgestreckter Hals – sowie mit gesenktem Kopf aufs Handy oder Tablet zu schauen (PS: Gesundheitliche Folgewirkungen der Smartphone-Nutzung). Je weiter wir dabei den Nacken Richtung Brustkorb beugen, desto mehr erhöht sich das auf unserer Wirbelsäule ruhende Gewicht. Bei einem Smartphone-typischen Winkel von 45 Grad haben wir so statt der fünf Kilo, die unser Kopf auf die Waage bringt, schnell mehr als 20 Kilo „am Hals“. Solche Fehlhaltungen, aber auch einseitige oder ungewohnte Belastungen sowie Bewegungsmangel sorgen dafür, dass sich unsere Muskeln verhärten und verkürzen – und letztlich zu schmerzen beginnen. Auch ein steifer Nacken kann die Folge sein. Aus Angst vor stärkeren Beschwerden neigen wir dann oftmals zu starrer Schonhaltung; ein Teufelskreis entsteht. Kälte und seelische Anspannung sind ebenfalls häufige Gründe dafür, dass sich unsere Muskeln zusammenziehen und verkrampfen. So ziehen wir bei Stress meist die Schultern hoch, was auf längere Sicht die Muskulatur überlastet. Jetzt genügt eine unkontrollierte, ruckartige Bewegung – zack, erwischt uns eine Zerrung. Autsch!
Schnelle Hilfe bei Schmerzen
Tut uns der Nacken weh, ist Wärme meist eine gute Wahl. Wärmepflaster, Wärmflaschen oder durchblutungsfördernde Salben aus der Apotheke können Muskelverspannungen und -zerrungen oftmals schon nach zwei bis drei Tagen lösen. Die langsame Wiederaufnahme von Bewegung, zum Beispiel indem wir kurze Spaziergänge machen, wirkt den Beschwerden ebenfalls entgegen. „Bei muskulären Verspannungen und Verkürzungen ist es wichtig, die Mobilität zurückzuerlangen“, betont der Experte. „Denn Bewegung führt dazu, dass die Muskeln gelockert und besser durchblutet werden, was die Schmerzen lindern kann.“ Ideal sind etwa schnelle Nacken- und Dehnübungen, die sich einfach in unseren (Arbeits-)Alltag integrieren lassen. Dazu beispielsweise den Kopf nach rechts und links neigen, die Schultern kreisen lassen, zu den Ohren hochziehen und wieder lockerlassen.
Prophylaxe statt Probleme
Damit wir Nackenschmerzen nicht ständig die Stirn bieten müssen, sind gezielte Maßnahmen zur Vorbeugung sinnvoll. Dazu gehört, den Hals vor Zugluft, Feuchtigkeit und Kälte zu schützen und während längeren Autofahrten sowie bei der Schreibtischarbeit auf eine aufrechte Sitzhaltung zu achten. Im Pkw unterstützen uns dabei individuell eingestellte Kopf- und Rückenlehnen, im Job ein ergonomischer Arbeitsplatz. Das heißt, dass Schreibtisch, Stuhl und Monitor so aufeinander abgestimmt sind, dass sich der Bildschirm auf Augenhöhe befindet, unser Rücken gerade ist und die Arme in einem 90-Grad-Winkel auf der Tischplatte aufliegen. Generell gilt: Besser die Augen senken als den Kopf! Regelmäßiges sportliches Training, etwa Gymnastik oder Yoga, dehnt und kräftigt verspannte Muskeln gezielt, wodurch sie ihre Beweglichkeit wieder zurückerhalten und Knochen und Gelenke langfristig besser unterstützen. Stress sollten wir, nicht nur dem Nacken zuliebe, weitmöglichst reduzieren. Abhilfe schafft beispielsweise die Progressive Muskelrelaxation (PMR). Wie wir schlummern, beeinflusst unser Genick ebenfalls: Es dankt uns die Verwendung eines ergonomischen Kissens und einer passgenauen Matratze sowie die Vermeidung der Bauchlage.
PS: Steifer Nacken, Schulterschmerzen – Zu viel auf den Schultern
Ursachen klären!
Auch wenn sich Nackenprobleme meist mit sanften Methoden gut lindern lassen – auf die leichte Schulter nehmen sollten Sie die Schmerzen nicht, mahnt Sabarini. Halten die Beschwerden länger als zwei Wochen an, empfiehlt er eine genauere Ursachenanalyse. Denn bei degenerativen Veränderungen wie einem Verschleiß der Bandscheibe oder der Wirbelsäule, traumabedingten Verletzungen, Entzündungen oder mittleren bis schweren Bandscheibenvorfällen sei, so der Experte, fachärztliche Hilfe erforderlich.
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