Mythencheck: Die Wahrheit über Heuschnupfen
Pollen fliegen nur bei Sonnenschein. Stimmt das? Allergien entstehen nur im Kindesalter – richtig? Stefanie Happ deckt auf und pustet die häufigsten Irrtümer weg.
PS: Lesen Sie auch Allergie – Fehldeutung des Immunsystems sowie weitere Artikel zum Thema Allergie bzw. zum Thema Heuschnupfen.
Mythos: Bei Regen pollenfreie Zone
Teilweise richtig. Bei bedecktem Himmel und Nieselregen können viele Allergiker in der Tat aufatmen. Denn die Nässe drückt die Pollen zu Boden und ihre Konzentration in der Luft nimmt ab. Anders sieht die Lage aus, wenn ein plötzliches Sommergewitter die Gräserpollen aufwirbelt. Im heftigen Regenschauer platzen die Pollen und feinste allergene Partikel werden freigesetzt. Diese können tief in die Atemwege eindringen und den Heuschnupfen verschlimmern.
Mythos: Pollenflug nur im Frühling
Stimmt leider nicht (mehr). Schuld ist der Klimawandel. Milde Winter bewirken, dass viele Pflanzen verfrüht anfangen zu blühen und ihren Blütenstaub bereits ab Januar verteilen. Vor allem Erle und Haselnuss sind dann schon aktiv. Die Allergiezeit hat sich insgesamt verlängert, weil Pflanzen aus anderen Teilen der Erde inzwischen bei uns heimisch sind. Ambrosia zum Beispiel stammt ursprünglich aus Amerika und verbreitet sich hierzulande rasend schnell. Ihre Allergene gelten als besonders aggressiv. Die Hauptblütezeit der Ambrosia ist erst ab August. Früher hatten Heuschnupfengeplagte im Spätsommer das Schlimmste überstanden. Heute ist das nicht mehr so.
Mythos: Lieber nur abends lüften
Halbwahr. Es kommt darauf, wo Sie wohnen. Auf dem Land soll die Pollenbelastung in den frühen Morgenstunden am höchsten sein. In der Stadt hingegen eher am Abend. Fakt ist: Allergene Partikel sind so winzig klein, sie kommen auch durch die geschlossenen Fenster und fallen zu Boden. Wenn dann gelüftet wird, treibt der Lufthauch die Pollen auf und der Niesanfall kann beginnen. Allergiker sollten daher spezielle Pollengitter an ihren Fenstern anbringen. Detaillierte Informationen zum Pollenflug in Ihrer Region gibt es auf der Webseite der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst.
Mythos: Joghurt beugt Heuschnupfen vor
Da ist was dran. Experten haben festgestellt, dass das Mikrobiom möglicherweise einen Einfluss auf Allergien hat. Im Darm sitzt bekanntlich ein wichtiger Teil unseres Immunsystems. Ist dort die Bakterienflora intakt, sind wir in gewisser Weise vor Allergien geschützt. Ernährungsberater raten daher, täglich probiotischen Joghurt zu essen. Dieser enthält Bakterien, die den Darm gesund halten. Probiotika in Form von Kapseln, Pulver oder Trinkampullen gibt es in Ihrer Apotheke.
Übrigens: Manche Obst- und Gemüsesorten wie Äpfel oder Tomaten bewirken das Gegenteil und können Kreuzallergien hervorrufen.
Mythos: Erwachsene bekommen keine Allergie
Schön wär’s. In Wahrheit ist niemand gefeit. Allergien entwickeln sich im Lauf des Lebens. Vom Kindergartenkind bis zum Senior kann es jeden erwischen. Jüngst beobachten Fachleute, dass die Spätmanifestation von Heuschnupfen und Co. sogar zunimmt. Immer mehr Menschen ab der Lebensmitte, also über 40, klagen plötzlich über die typischen Symptome: Niesattacken, laufende Nasen, gereizte und juckende Augen. Möglicherweise liegt auch dies am Klimawandel, an eingewanderten Pflanzenarten wie Ambrosia und an erhöhter Feinstaub-Belastung.
Mythos: Die Seele verstärkt Heuschnupfen
Immerhin denkbar. Manche Betroffene müssen schon niesen, wenn sie ein Foto von einer Birke sehen. Sie reagieren reflexartig, weil sich der Anblick von Blüten als Schlüsselreiz in ihrer Psyche verankert hat. Aus psychosomatischer Sicht kann Stress die Heuschnupfen-Symptome verschlimmern. Ein Allergie-Tagebuch zu führen, kann helfen, verstärkenden Auslösern auf die Schliche zu kommen. Entspannungsmethoden und eine ausgewogene Work-Live-Balance sind sinnvoll, um das körperliche und seelische Wohlbefinden zu bessern.
Mythos: Nur Medikamente auf Rezept helfen
Überhaupt nicht: Insbesondere bei leichten bis mittelschweren Symptomen können auch freiverkäufliche Präparate aus der Apotheke sehr gut helfen. Empfehlenswert sind die Mittel mit natürlichen Inhaltsstoffen. Augentropfen mit Extrakten aus der Euphrasia-Heilpflanze haben sich bei tränenden Augen bewährt. Sie lindern das unangenehme Jucken und Brennen. Der deutsche Name der Euphrasia lautet übrigens Augentrost, weil sich ihre Extrakte wie ein Schutzfilm auf die entzündete Bindehaut legen. Fühlen sich die Augen trocken und gereizt an, ist Malve die Arzneipflanze der Wahl. Die Tropfen mit Malve-Wirkstoffen beruhigen die Augen, befeuchten sie und stabilisieren den Tränenfilm. Weil bei Heuschnupfen auch die Nase stark in Mitleidenschaft gezogen ist, braucht sie spezielle Pflege. Nasenspray mit Aloe Vera und isotonischer Kochsalzlösung erleichtern das Durchatmen, lösen festsitzendes Sekret und fördern die Wundheilung der Nasenschleimhaut. Bei den natürlichen Helfern ist kein Gewöhnungseffekt zu befürchten. Daher sind sie für die Langzeitanwendung gut geeignet. Fragen Sie Ihren Arzt.
Ausführliche Informationen finden Sie auch beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB).
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