Hundeerziehung – „Fein gemacht”

Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen Ihr Vierbeiner ein Lob verdient. Soll er dabei etwas lernen, ist es mit einem einfachen „Fein gemacht“ nicht getan.

Jeder Hund freut sich über ein Lob. Doch ob Ihr Vierbeiner eine Belohnung auch als solche versteht, hängt von vielen Kleinigkeiten ab. Möchten Sie effektiv loben, müssen Sie auf diese Dinge bei der Hundeerziehung achten:

Von Karsten Kulms

Das richtige Timing

Hat Ihr Hund einen Befehl korrekt ausgeführt, muss Ihr Lob sofort erfolgen. Damit das Hundehirn eine Handlung mit einer Belohnung verbinden kann, bleibt Ihnen zum Loben ein Zeitfenster von höchstens drei Sekunden. Bei einem längeren Zeitabstand verpufft die positive Verstärkung des Lobens. Hat sich Ihr Hund eine Belohnung verdient, ist langes Herumkramen nach einem Leckerli kontraproduktiv. Bereiten Sie das Loben vor, indem sie die Belohnung in einem Futterbeutel immer griffbereit bei sich tragen.

Konsequent bleiben

Schummeln gilt nicht. Soll Ihr Hund beispielsweise das Kommando „Platz“ lernen, bekommt er sein Lob erst, wenn er den Befehl richtig und deutlich erkennbar ausgeführt hat. Ganz falsch ist es, schon eine Andeutung des Hinsetzens zu belohnen. Denn das kann dazu führen, dass sich Ihr Vierbeiner viel mehr auf das Leckerli konzentriert als auf die Ausführung des Befehls. Auch das inflationäre Verfüttern von Belohnungssnacks bringt im Gehorsamkeitstraining nichts. Sondern höchstens ein paar unnötige Pfunde mehr auf den Hunderippen.

Ehrlich loben

Hunde haben feine Antennen, was das Gefühlsleben von Herrchen oder Frauchen betrifft. Soll Ihr Hund etwas lernen, müssen Sie auch selber emotional voll bei der Sache sein. Macht Ihr Vierbeiner etwas richtig, dann zeigen Sie ihm mit Ihrem Lob, wie sehr Sie sich darüber freuen. Ein tonloses, abwesend wirkendes „Fein“ hat bei Weitem nicht den Effekt wie ein freudiges „Toll gemacht“.

Leckerli oder Worte?

Es muss nicht immer eine Futterbelohnung sein. Studien haben gezeigt, dass Hunde je nach Charakter auf ein Lob mit Worten unter Umständen viel besser reagieren als auf ein Leckerli. Finden Sie deshalb heraus, was Ihren Vierbeiner mehr motiviert. Gesunde Belohnungs-Snacks gibt es übrigens auch in Ihrer Apotheke. Ob Sie richtig loben und belohnen ist ganz einfach festzustellen: Lernt der Hund das, was er soll, konsequent und in Ruhe, machen Sie alles richtig. Ist er unkonzentriert oder schnappt er gierig nach der Futterbelohnung, müssen Sie Ihr Belohnungsverhalten korrigieren. Entweder, indem Sie die Gabe und die Menge Ihrer Leckerlis reduzieren, oder die Art und Weise des Lobens umstellen.

Anmerkung:
Es klingt ja oben bereits an. Sie sollten bedenken, dass Sie sich das „Bestechen“ mit Belohnungen u.U. teuer erkaufen, da es – je nach mentaler Ausstattung Ihres Tieres – auch negative Effekte mit sich bringt:
Einerseits wird Ihr Hund eher aus Begehr der Belohnung reagieren und weniger, um mit Ihnen eine gegenseitige Beziehung zu haben, dies ist zum Beispiel beim Agility besonders von Bedeutung, dass der Hund für Sie da ist und eine Aufgabe in Ihrem Rudel erledigt, aus freien Stücken. Nutzen Sie lieber die speziellen Fähigkeiten Ihres Tieres, in deren Rahmen Sie bei der Spaßrunde auslastende Aufgaben verteilen.
Andererseits würde in der freien Natur innerhalb des Rudels das Alpha-Tier seine Beute nicht mit einem rangniederen Tier teilen, solange es nicht selbst gesättigt ist. Damit unterminieren Sie somit auch Ihren Rang. Wenn Sie z.B. einen mental starken Rüden „führen wollen“ ist dies nicht hilfreich. Im Zweifelsfalle wird dieser dann immer eher auf seinen Instinkt in kritischen Situationen hören und die Situation selbst beurteilen.
Auch wenn Ihr Tier dazu neigt, während der Gassirunde Dinge und Nahrung vom Boden aufzunehmen führt die Belohnung damit zu einer Reduktion der Hemmschwelle und macht es Ihrem Tier schwer, zu entscheiden, wann es denn Essen darf und wann nicht.
Egal, welchen Weg Sie wählen, achten Sie stets darauf, naturbelassene Häppchen zu benutzen, die nicht verändert oder mit Zusatzstoffen versehen wurden, damit Ihr Hund nicht unnötig belastet wird. Dazu eignen sich z.B. gefriergetrocknete Fleischstücke (diese haben eine sehr hohe Akzeptanz und kleben nicht gleich in der Tasche oder Hand wegen des Besprühens mit Ölen). Auch getrockneter Pansen, Rinderlunge, Gurgel, etc. eignen sich dazu hervorragend, sollten aber nicht zu groß sein, damit sich der Hund nicht am abfallenden Brocken in der Eile verschluckt oder es unzerkaut Darmprobleme macht. Wir beraten Sie natürlich auch hier bei der Auswahl geeigneter, hochwertiger Produkte.

Lesen Sie auch unseren Artikel zur Welpenschule.

Bei Fragen helfen wir Ihnen natürlich gern weiter und beraten Sie.

Ein Kommentar:

Der HundeErziehungsBerater Christian Engelmann hat diesen Artikel auf Facebook kommentiert. Wir fanden, dass dieser Kommentar alle Leser erreichen können soll, weswegen wir ihn hier mit Erlaubnis zitieren möchten.

Hunde dressieren oder doch erziehen?

Los geht die Verwirrung bereits mit dem Durcheinander der Begriffe. Dressur hat mit Erziehung nicht viel zu tun und umgekehrt, oder „erziehen“ wir unsere Kinder dann auch mit Gummibärchen, wenn wir ihnen zeigen, wie man z.B. Fahrrad fährt oder indem wir sie für das Erbringen von guten Schulnoten mit Geld bezahlen (…damit sie unsere Erwartungen erfüllen und so werden, wie wir es möchten)?
Dressieren bedeutet, Tiere zu einem bestimmten Zweck zu „missbrauchen“, durch Bestechung (Leckerli) oder Gefügigmachen unseren Willen überzustülpen. Dabei stellt sich natürlich die Frage, ob das ethisch vertretbar ist.
Wir adoptieren einen Hund (egal ob aus dem Ausland oder als Welpen), damit haben wir eine Wahl getroffen – der Hund hatte keine. Wir haben also die Verantwortung übernommen, das fortzuführen, was der Hund in seiner natürlichen Familie hätte lernen und erfahren sollen. Das ist unsere Verpflichtung: Den Hund fit zu machen, um in dieser komplexen Welt und in unserer Gesellschaft in Sicherheit leben zu können und SEINE Bedürfnisse erfüllt zu kriegen. Der Hund hat ein Recht auf Erziehung und Fü(h)rsorge.
Leider sieht man mehr und mehr eine Art „Produktorientiertheit“. So wird der Hund oft ent-Hund-licht (z.B. Antijagdtraining), die Bedürfnisse des Menschen dem Hund übergestülpt und seine Persönlichkeit ignoriert, Ausdrucksverhalten nicht gesehen, oder getan, als ob es keine kommunikative Bedeutung hätte.
Erziehung ist ein sozialer Prozess, der damit beginnt, dass der Erzieher versucht, sich in den zu Erziehenden hineinzuversetzen, Empathie entwickelt, gemeinsame Ziele verfolgt und dabei erst einmal die eigenen Bedürfnisse hintenanstellt.
Als „Erziehungsspender“ sollte hier der Mensch die Elternrolle übernehmen, seinen Vierbeiner anleiten und seiner Veranlagung gemäß beschäftigen.
Das Bedürfnis nach Sicherheit (Territorialinstinkt) und sozialer Zugehörigkeit kann man dabei als die beiden grundlegenden Bedürfnisse des Hundes sehen. Und wird der Futterbeutel nicht als „Leckerlitüte“ missbraucht, kann man hiermit eine tolle und spannende Ersatzjagd (Jagdinstinkt) kreieren.

(c) C. Engelmann

…an straffer Leine zu gehen bedeutet für die meisten Hunde auch, Stress zu haben. Das hängt mit der „Geh-Position“ zusammen. Denn geht Ihr Hund (ständig) vorneweg, hat er wohl den Auftrag, das Umfeld abzuchecken. Durch die straffe Leine, hat er immer feedback, wo sein Besitzer sich befindet. Somit muss er nicht auf Herrchen gucken, sondern kann sich um „Sicherheit“ kümmern. Hier ist der Hund also „Erziehungsspender“ und nimmt die Elternrolle ein. Da viele Hunde nicht so souverän veranlagt sind, bedeutet dies, mehr Stress zu haben: der Cortisolspiegel steigt und bleibt über zu lange Zeit „on top“, was mit der Zeit Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann!

Weitergehende Informationen über Engelmanns Pädagogische Tätigkeit für Menschen mit Hund finden Sie auf seiner Website: www.hundegaertner.de

 

 

 

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Text mit freundlicher Genehmigung der S & D Verlag GmbH. Das komplette „Unsere besten Freunde“ Heft bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke.