Heilkräuter sammeln – Ab ins Körbchen
Der Sommer ist da und viele Heilpflanzen haben Hochsaison. Die perfekte Zeit, um sich einen kleinen Vorrat für die eigene grüne Hausapotheke anzulegen. – Von Stefanie Happ
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Natürlich ist es einfacher, die passenden Arzneikräuter dort zu kaufen, wo Sie zu 100 Prozent sicher sein können, ausschließlich qualitativ hochwertige und wirksame Ware zu bekommen: in Ihrer Apotheke. Dennoch hat das eigene Sammeln von wild wachsenden Heilpflanzen einen gewissen Reiz: Während Sie durch die blühende Landschaft schlendern und die Natur mit allen Sinnen genießen, werden Sie – früher oder später – diesen wohltuenden Entspannungseffekt spüren, der eine solche Kräuterwanderung typischerweise mit sich bringt.
Wenn Sie die Absicht haben, ein paar Heilpflanzen mit nach Hause zu holen, sollten Sie diese Grundregeln verinnerlichen:
Wo? Sammeln Sie nur an unbelasteten Feld-, Wald- und Wiesenrändern, nah an Flüssen und Bächen und natürlich im eigenen Bio-Garten. Nie an viel befahrenen Straßen oder Bahngleisen, nicht auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, auch nicht in Naturschutzgebieten. Hunde-Gassi-Wege sind ebenfalls tabu.
Wann? Das Wetter ist entscheidend. Trocken, sonnig und warm sollte es sein. Am besten am späten Vormittag, wenn der Morgentau verdunstet ist. Die ideale Jahreszeit ist der frühe Sommer – also jetzt.
Wie? Zu Ihrer Ausrüstung gehören Messer oder Schere zum Abknipsen von Stängeln und Stielen sowie ein flacher (!) Korb, um die Kräuter trocken und luftig zu transportieren. Papier- und Stofftaschen sind auch gut, jedoch keine Plastiktüten.
Warum? Sammeln Sie planvoll. Welche Heilpflanzen brauchen Sie wirklich? Hustenkräuter, Blätter und Blüten zur Wundheilung, Natürliches zur Entspannung? Entnehmen Sie Ihrer Umwelt immer nur so viel Grün, wie Sie auch verwenden können. Als Richtmaß gilt: Nie mehr als maximal ein Drittel des Bestandes.
Was? Selbstverständlich sollte sein, dass Sie sich in der Pflanzenwelt gut auskennen und vor giftigen Gewächsen immer haltmachen. Für den Fall, dass Sie unsicher sind, welches Kraut vor Ihnen steht, haben Sie natürlich ein Bestimmungsbuch und eine Lupe dabei.
Johanniskraut
Kurz nach der Sommersonnenwende – zum Johannistag am 24. Juni – beginnt die traditionelle Sammelzeit für Johanniskraut (Hypericum perforatum). Seine leuchtendgelben Blütenblätter sind radiär symmetrisch angeordnet und sehen aus wie kleine Sonnenräder. Mit ihren unzähligen Staubfäden richten sie sich immer gen Himmel. Beim Zerreiben der Blüten tritt ein rötliches Sekret aus. Es enthält die Substanz Hypericin und dient im sogenannten Rot-Öl zur Wundheilung. Noch bekannter ist Johanniskraut für seine stimmungsaufhellende Wirkung. Hochdosierte Präparate gibt es in der Apotheke, Arzneitees zur Beruhigung ebenfalls. Wer Johanniskraut-Tee selbst machen möchte, sollte die Blätter und Blüten nach der Ernte an einem sonnigen, trockenen Ort kopfüber aufhängen. Wenn sie getrocknet sind, zerbröseln und im Teesäckchen mit heißem Wasser aufbrühen.
Spitzwegerich
Wenn an lauen Sommerabenden die Mücken in der Luft tanzen und sich blutrünstig auf unsere nackte Haut stürzen, haben wir hoffentlich Spitzwegerich (Plantago lanceolata) zur Hand. Dieses weitverbreitete Wildkraut mit den erdfarbenen Blütenähren und den gelblichen Standblättern gilt als ideale Erste-Hilfe-Pflanze bei juckenden Insektenstichen und Brennnesselquaddeln sowie bei kleinen Hieb- und Stichverletzungen. Der frische Presssaft aus den lanzettlichen Blättern enthält den Stoff Aucubin, der antibakteriell, entzündungshemmend und leicht lokal betäubend wirkt. In getrockneter Form eignen sich die Blätter gut als Hustentee. Beim Aufgießen werden die Schleimstoffe gelöst, die sich wie ein Schutzfilm auf die gereizten Schleimhäute im Rachenraum legen und die Bronchien beruhigen können. Spitzwegerich, auch „Wiesenpflaster“ genannt, wächst von Mai bis September flächendeckend auf naturnahen Wiesen, an Wegrändern und im eigenen Garten. Auch als Würzkraut ist er beliebt und gibt Salaten und Reisgerichten ein mildes Pilzaroma.
Spitzwegerich-Salbe zum Selbstmachen
Zutaten:
- 1 Handvoll frische Spitzwegerich-Blätter
- 100 ml Bio-Pflanzenöl
- 12 g Bienenwachs (Apotheke)
- 1 Schraubglas
- 1 kleine Blechschüssel
- 1 Baumwolltuch oder Sieb
- 1 Kochtopf
Zubereitung:
Spitzwegerich-Blätter fein hacken und in das Schraubglas geben. Mit Öl auffüllen, sodass alle Blätter bedeckt sind. Verschließen und bei Raumtemperatur für zwei Wochen stehen lassen. Ab und zu schütteln. Nach zwei Wochen die Mischung durch ein Baumwolltuch oder Sieb filtern und das Öl in der Schüssel auffangen, Bienenwachs hinzugeben und in einen Topf mit Wasser setzen. Im Wasserbad erhitzen und im flüssigen Zustand zurück ins Schraubglas füllen. So lange geöffnet lassen, bis die Spitzwegerich-Salbe abgekühlt und fest ist.
Kamille
Die Klassikerin unter den Sammelkräutern ist die Echte Kamille (Matricaria recutita). Mit ihrem Wirkspektrum gilt sie als wahrer Tausendsassa. Ein prallvoller Cocktail an Inhaltsstoffen steckt in ihren gelb-weißen Blüten, die sich aus erhabenen Röhren und umgeschlagenen Zungenblüten zusammensetzen. Beim Zerreiben verströmen sie ihren unverkennbaren süßlich-herben und leicht krautigen Duft. Ihre ätherischen Öle und die vielen Schleimstoffe, Flavonoide und Cumarine wirken antientzündlich und antiviral bei Atemwegserkrankungen, bakterienhemmend bei Wunden und Hautirritationen, beruhigend und krampflösend bei Magen- und Darmbeschwerden sowie bei schmerzhafter Menstruation. Getrocknete Kamillenblüten werden traditionell als Tee verwendet oder zur Inhalation. Zusammen mit einer Kamillen-Tinktur lässt sich die Wirkung noch verstärken. Für die äußere Anwendung ist Kamille in Badezusätzen, Cremes und Ölen enthalten. In der Natur ist diese „Mutter aller Heilpflanzen“ an sonnigen Standorten anzutreffen, auf Getreidefeldern und Ödland. In der Apotheke gilt Kamillenblüten-Arzneitee als eines der meistverkauften Naturheilmittel überhaupt.
Wenn Sie Fragen haben oder nicht alles gefunden haben und Ergänzung für Ihre Hausapotheke benötigen, sprechen Sie uns gern an. Bitte bedenken Sie, dass sich unter den gesammelten Kräutern keine giftigen oder ungesunden Vertreter befinden. Im Zweifelsfall lieber stehen lassen.
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