Handy kann bei Auflage auf Brustkorb den Herzschrittmacher stören
Mobiltelefone sind unsere ständigen Begleiter geworden, manche tragen ihr „gesamtes Leben“ darin mit sich und nicht selten wird dem Handy mehr Aufmerksamkeit gewidmet als der realen Welt.
Die Omnipräsenz dieser Geräte ist teils Segen und teils Fluch. Die Verantwortung, in welche Richtung sich die Waage zwischen diesen Extremen neigt, obliegt dabei jedem Nutzer selbst.
Jedoch gibt es auch ganz konkrete Gefahren für manche Menschen, wie nun am Beispiel des iPhone12 für Träger eines Herzschrittmachers bzw. Träger implantierbarer Defibrillatoren nachgewiesen wurden. Im arznei-telegramm wurde am 18. Juni 2021 folgendes publiziert, was wir hier an Sie als wichtigen Hinweis weitergeben möchten:
iPhone 12 – bedrohliche Funktionsstörung von Herzschrittmachern und implantierbaren Defibrillatoren
a-t 2021; 52: 47
Eine kleine Untersuchung(1) zu möglichen magnetischen Interferenzen mit implantierbaren elektronischen Geräten weist auf eine potenzielle Gefährdung durch das iPhone 12 mit MagSafe-Technologie hin. Bei dieser Technik wird zusätzlich zu einer auch in älteren iPhone-Modellen vorhandenen Spule zum drahtlosen Laden ein Magnetring verbaut, der den Ladevorgang mit bis zu 15 Watt durch optimale Positionierung verbessern soll. Das Magnetfeld im iPhone 12 ist daher stärker als in bisherigen Modellen. In der Studie wird bei zwei Patienten mit implantiertem Defibrillator und bei einem Patienten mit Herzschrittmacher durch Auflegen eines iPhone 12 Pro Max auf den Brustkorb in Höhe des Gerätes der so genannte Magnetmodus ausgelöst, bei dem ein Defibrillator inhibiert und bei Herzschrittmachern eine asynchrone Stimulation gestartet wird mit der Gefahr lebensbedrohlichen Kammerflimmerns. Die Interaktion besteht für die Dauer der Auflage des iPhones. Interferenzen werden auch bei fabrikneuen, noch nicht implantierten Herzgeräten gemessen: Bei drei von fünf Defibrillatoren sowie bei fünf von sechs Schrittmachern lässt sich die Funktionsstörung durch Auflegen des iPhones 12 ex-vivo erzeugen. Die getesteten Geräte von Abbott und Medtronic reagieren dabei empfindlicher als jene der Firma Boston Scientific.(1) Das Risikosignal für das iPhone 12 wird in einer weiteren Einzelbeobachtung bei einem Patienten mit einem implantierten Defibrillator von Medtronic bestätigt.(2) Apple behauptet in seiner Produktbeschreibung, dass das neue Smartphone kein höheres Risiko für eine magnetische Interferenz im Vergleich mit älteren Modellen habe.(3) Für ein höheres Risiko unter dem neuen Modell spricht allerdings, dass in einer Studie mit 148 Patienten mit unterschiedlichen implantierten Herzgeräten bei Auflegen eines iPhone 6 keine relevanten Funktionsstörungen auftreten.(4) Patienten mit Herzschrittmacher oder implantiertem Defibrillator sollten das iPhone 12 – aber aus Sicherheitserwägungen auch andere Smartphones bzw. andere Geräte mit Magnetfeld – auf keinen Fall in ihrer Brusttasche tragen. Als Mindestabstand zu dem iPhone 12 gibt der Hersteller mindestens 15 cm, während des Ladevorgangs mindestens 30 cm an. (3)
Wir hatten auch schon auf andere Alltagsgefahren der Handynutzung hingewiesen. Dazu gehören neben der vieldiskutierten Strahlenbelastung durch Mobilfunk auch Gesundheitliche Folgewirkungen der Smartphone-Nutzung wie z.B. mögliche Augen- und Haltungsschäden. Aber auch inhaltliche Folgewirkungen durch den nicht hinterfragten Konsum von Informationen, die auch mal falsch oder falsch interpretierbar sein können: Morbus Google, Nocebo-Effekt und Cyberchondrie.
Sich zu informieren ist natürlich lobens- und empfehlenswert, im Falle ernsterer oder gar existenzieller Fälle können wir in gesundheitlichen Fragen aber nur den Gang zum fachlich versierten Arzt empfehlen. Aber auch wir sind gern als erste Anlaufstelle für sie da. Wir beraten Sie individuell und abgestimmt.
Quellen:
- NADEEM, F. et al.: J. Am. Heart Assoc. 2021; 10: e020818; DOI: 10.1161/JAHA.121.020818 (4 Seiten)
- GREENBERG, J. C. et al.: Heart Rhythm 2021; 18: 1040-1
- https://support.apple.com/de-de/HT211900; Stand 23. Jan. 2021; Zugriff am 15. Juni 2021
- LACOUR, P. et al.: JACC Clin. Electrophysiol. 2020; 6: 1158-66