Gesund mit KI
Von der Prophylaxe über die Diagnose bis hin zur Therapie: Künstliche Intelligenz spielt eine immer größere Rolle in der Medizin – und hilft, unsere Gesundheit zu verbessern.
Die medizinische Forschung hat in den letzten gut 100 Jahren einige Quantensprünge gemacht: Bildgebende Verfahren, Antibiotika, Impfungen und Möglichkeiten, selbst ein stillstehendes Herz wieder zu reaktivieren, revolutionierten das Heilwesen. Ein weiterer Meilenstein wird die Medizin grundlegend transformieren: künstliche Intelligenz, kurz KI.
Wie wäre es zum Beispiel, wenn wir statt „Alexa, Siri, Google: Licht aus“ auch sagen könnten: „Hey KI, ich habe Kopfschmerzen, Halsweh und erhöhte Temperatur. Was hilft mir jetzt am besten?“ Dann werfen die cleveren Algorithmen ein speziell für uns entwickeltes Behandlungskonzept aus – und im Handumdrehen fühlen wir uns wieder fit und munter. Zugegeben, da sind wir noch nicht, aber teilweise schon nah dran. Ein gutes Beispiel ist die Radiologie: „KI hat ein enormes Potenzial für die Zukunft der Diagnostik. Bereits jetzt kommen zugelassene Technologien zum Einsatz, die sehr gute Erfolge erzielen und die radiologische Arbeit erleichtern“, bestätigt Professor Dr. med. Mike Notohamiprodjo, Facharzt für Radiologie und Mitglied der RadiologenGruppe 2020 (Er sieht im Einsatz von künstlicher Intelligenz für das Medizin- und Gesundheitswesen großes Potenzial).
Diagnosen und Prognosen
Künstliche Intelligenz misst zum Beispiel bei Patienten mit Multipler Sklerose anhand von MRT-Bildern geringste Abweichungen des Hirnvolumens und bestimmt die Größe von Entzündungsherden. Auch beim Identifizieren von Knochenbrüchen und Meniskusrissen erweist sich die Technik als sehr nützlich, ebenso bei Krebs: Ein von verschiedenen Forschungseinrichtungen entwickelter Algorithmus etwa kam Brustkrebs anhand von Mammographien erfolgreich auf die Spur und konnte diesen gleichzeitig klassifizieren. Selbst die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung sagte das System mit einer Treffgenauigkeit von 94 Prozent voraus. Andere Karzinome, etwa der Prostata und der Lunge, decken neuronale Netzwerke Untersuchungen zufolge ebenfalls zuverlässig auf. Bei der Koloskopie (Darmspiegelung) kann Artificial Intelligence, kurz AI, so der englische Begriff für künstliche Intelligenz, Polypen nicht nur sichtbar machen, sondern die Wucherungen sogar parallel charakterisieren: gefährlich oder nicht? Auch Netzhauterkrankungen und selbst Demenz kommen mit ihrer Hilfe frühzeitig(er) ans Tageslicht.
Analysen und Arzneimittel
In puncto personalisierte Behandlung eröffnen uns trainierte Algorithmen neue Horizonte: Durch die Analyse großer Mengen von Gesundheitsdaten kann KI wichtige Vorhersagen treffen, die fürs Ergreifen individueller Therapiemaßnahmen entscheidend sind. Beispielsweise, inwieweit uns im Fall einer Krebserkrankung aufgrund persönlicher Parameter eine Strahlen- und/oder Chemotherapie helfen würde und welches Nebenwirkungsprofil dabei zu erwarten ist. Das gilt ebenso für andere Krankheiten: Künstliche Intelligenz filtert die individuell besten Behandlungsoptionen in kurzer Zeit heraus. Auch bei der Kreation neuer Medikamente ist KI natürlich am Start: Mit ihrer Unterstützung lassen sich potenziell heilsame Substanzen schneller aufstöbern, testen und optimieren. Einige von künstlicher Intelligenz entwickelte Arzneimittel befinden sich aktuell in klinischen Studien.
Von Monitoring bis Mentaltraining
Viele von uns nutzen bereits Wearables wie Smartwatches, um damit etwa den Puls, die tägliche Schrittzahl und das eigene Schlafverhalten im Blick zu behalten. KI-gesteuerte Geräte können noch mehr: Sie analysieren Herzfrequenz, Blutdruck und andere physiologische Daten, leiten Muster daraus ab und sind so in der Lage, beispielsweise epileptische Anfälle oder Herzrhythmusstörungen zu erkennen und sogar vorherzusagen. Das sogenannte KI-Monitoring hilft in Kliniken dabei, Gesundheitsrisiken zu entdecken und Frühwarnungen auszugeben: Dies verbessert die Reaktionszeiten und kann so Leben retten.
Unsere mentale Gesundheit lässt sich durch Deep-Learning-Modelle ebenfalls stärken: Forschungsprojekte zeigten, dass KI in der Lage ist, Depressionen und depressive Verstimmungen zu diagnostizieren. Zudem bieten Chatbots emotionalen Support und nutzen unter anderem kognitive Verhaltenstherapie-Techniken, um Betroffene etwa bei Angstzuständen zu unterstützen. Ein rettender Strohhalm, wenn der dringend benötigte Therapieplatz Monate auf sich warten lässt …
Ein weiterer positiver Effekt von KI im Medizinwesen: die effizientere und somit kostengünstigere Patienten-Versorgung. Dies kann unser strapaziertes Gesundheitssystem entlasten und Wartezeiten sowie der Überforderung geschuldete Fehler reduzieren. „Die Unterstützung durch KI ist nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. Denn wenn sie den Arbeitsumfang reduziert, bleibt uns Ärzten wieder mehr Zeit für unsere Patienten“, betont Professor Notohamiprodjo.
Assistenz statt Konkurrenz
Wo viel Licht ist, da zeigt sich natürlich auch Schatten: Privatsphäre und Datenschutz werden beim Einsatz von künstlicher Intelligenz häufig hinterfragt, auch die Transparenz der Algorithmen lässt vielfach zu wünschen übrig.
Forschende befürworten daher ein strukturelles Miteinander von medizinischen Experten und KI, bei dem die schlaue Technik als unterstützende Assistenz und nicht konkurrierend eingesetzt wird. „Die KI mag umfangreiche analytische Aufgaben abnehmen und uns unterstützen, aber sie stellt keinen Ersatz dar“, führt der Radiologe aus.
Patienten in Deutschland stehen dem Einsatz von künstlicher Intelligenz laut einer aktuellen Befragung des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungskonzerns Deloitte mehrheitlich offen gegenüber: 61 Prozent der Befragten sehen die medizinische Nutzung von KI als Chance.
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