Gedächtnistraining – Wie geht’s richtig
Rätseln ist ein netter Anfang, reicht allein aber nicht aus. Um unser Gehirn leistungsfähig zu halten, sollten wir es auf verschiedenste Weise fordern. Die gute Nachricht: Solche Work-outs fürs Oberstübchen lassen sich perfekt in den Alltag integrieren.
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Professorin Maria Cristina Polidori, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Gedächtnistraining e.V. und Leiterin des Schwerpunkts Klinische Altersforschung an der Uniklinik Köln berichtet, wie es richtig geht.
„Wenn wir jeden Tag einen Apfel essen oder auch zwei, sonst aber kein Obst, dann ist das am Ende für uns nicht so gesund, obwohl die Frucht an sich schon gesund ist“, erklärt Professorin Polidori. „Genauso ist das bei Übungen für die kognitive Leistungsfähigkeit.“ Kognitiv, das bedeutet so viel wie „unser Denken betreffend“. Und kognitive Störungen wie eine Demenz gehören für viele von uns zu den bedrohlichsten Schreckgespenstern des Alterns. Doch die Gleichung „je mehr Lebensjahre, desto vergesslicher werden wir“ ist kein unabänderliches Schicksal: Wir können auf vielerlei Ebenen unsere „mentalen Muckis“ trainieren und so lebenslang geistig jung bleiben.
Gut tut, was Spaß macht
Polidoris Empfehlung lautet daher, das Oberstübchen durch unterschiedliche Aktivitäten auf Trab zu halten. „Es ist wunderbar, wenn wir dazu im Alltag unseren Hobbys nachgehen: Lesen, Kreuzworträtseln, Schach spielen, im Garten arbeiten, Kochen; all das sind kognitiv anspruchsvolle Arbeiten.“ Ebenfalls ideale Brain-Booster: das Erlernen einer Fremdsprache sowie das Spielen eines Musikinstruments. Allerdings hat nicht jede Aktivität bei jedem Menschen die gleichen positiven Effekte. Denn eine wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit der einzelnen Trainingsinhalte, so die Wissenschaftlerin, ist unser individuelles Interesse daran. „Es hat keinen Sinn, eine neue Sprache lernen zu wollen, wenn uns Fremdsprachen schon früher in der Schule nicht interessierten. Oder Gesellschaftsspiele zu spielen, wenn man daran noch nie Freude hatte.“ Besser ist es, die Hobbys wieder aufzunehmen, bei denen wir früher mit Begeisterung bei der Sache waren und die wir zum Beispiel aus Zeitmangel irgendwann an den Nagel hängen mussten. Oder auch neue Beschäftigungen, die uns in den Bann ziehen. „Ob Häkeln, Schneidern, Malen, Klavierspielen: Hierbei wird die kognitive Komponente sehr beansprucht.“
Entscheidend für die Erhaltung unserer Denkfähigkeit sei zudem Vielfalt, erinnert die Medizinerin. „Der Trick ist, nicht immer das selbe zu machen, sondern mehrere Gehirnareale zu stimulieren. Sprechen, rechnen, schreiben, uns erinnern: Alles zusammen trägt entscheidend dazu bei, unsere geistigen Fähigkeiten zu erhalten.“ Eine weitere nützliche tägliche Übung sieht so aus: „Beim morgendlichen Erwachen greifen wir lieber nicht gleich zum Handy oder zum Kalender, sondern denken stattdessen besser darüber nach, welches Datum heute ist und welche Termine anliegen.“
„Unsere Gesundheit ist ein Schatz!“
Um im Kopf fit zu bleiben, gilt es jedoch nicht nur, unsere grauen Zellen zu hegen und zu pflegen, erläutert Polidori. „Die geistigen Leistungsfähigkeiten sind ein komplexes System, das vom Gehirn abhängig ist, aber auch von anderen Aspekten. Motorik und Sensorik, die Ernährung, soziale Teilhabe, Medikamente, die wir nehmen …“ Viele Faktoren seien miteinander verzahnt und müssten daher gleichzeitig im Blick behalten werden. Eine unverzichtbare Hilfestellung hierfür stellen medizinische Vorsorgeuntersuchungen dar. „Regelmäßig zum Arzt zu gehen, Herzund Kreislauferkrankungen, Blutdruck und Blutzucker unter Kontrolle zu halten, das sind unglaublich wichtige Elemente. Unsere Gesundheit ist ein Schatz, und sie ist nicht selbstverständlich!“ Ein Instrument zu spielen beziehungsweise die Fähigkeit zu erlernen, stellt für unser Denkvermögen ein ideales Training dar, weil unterschiedliche Hirnareale dabei aktiv sind.
Konzentration aufs Hier und Jetzt
Beim zufälligen Treffen mit der Nachbarin durchforsten wir unser Hirn erfolglos nach ihrem Namen; wir verschwitzen, den bestellten Schmöker aus der Buchhandlung abzuholen, und unser Schlüssel ist ständig unauffindbar: Nach mehreren solcher Erlebnisse schleicht sich ein ungutes Gefühl ein. Ist so viel Vergessen noch normal? Haben wir einen konkreten Verdacht, dass unsere kognitive Leistungsfähigkeit nachlässt, sind Neuropsychologen geeignete Anlaufstellen. Denn zwischen unserem Oberstübchen und der Seele herrscht eine enge Verbindung. „Organe wie das Gehirn und die Psyche arbeiten unglaublich viel zusammen“, erläutert die Professorin. „Das heißt, wenn man ein seelisches Problem oder eine chronische Erkrankung hat, kann die geistige Leistungsfähigkeit darunter leiden. Wir vergessen dann häufig etwas und denken, wir hätten ein kognitives Problem, aber tatsächlich ist es ein psychologisches. Und auch das kann behandelt werden.“
Meist verbirgt sich hinter einer vermeintlichen Gedächtnisschwäche vielmehr eine mangelnde Konzentration, beruhigt die Expertin. Der Multitasking-Alltag fordert unsere Aufmerksamkeit zugleich an mehreren Stellen – das heißt, wir unterbrechen gerade Begonnenes, verlieren den Faden, vergessen aktuelle Aufgaben. „Meine Sprechstunde ist voll von Menschen, die sagen ‚Ich erinnere mich nicht mehr, heißt das, ich werde dement?‘ Nein, das heißt meistens, dass sie sich nicht konzentriert haben.“ Je älter wir werden, desto wichtiger ist der Fokus aufs Hier und Jetzt. Doch auch Jüngere profitieren mental davon, den Alltag achtsamer zu gestalten, sich auf eine einzelne Tätigkeit zu konzentrieren und nicht davon ablenken zu lassen.
Mehr Meditation und Entspannung
Apropos Achtsamkeit: Professorin Polidori unterstreicht die Bedeutung von ausreichenden Erholungsphasen für unsere kognitiven Fähigkeiten. „Meditation und Entspannung sind durchgehend, aber ganz besonders in dieser Zeit voller Sorgen und mit vielen mentalen Herausforderungen sehr, sehr wichtig!“ Zur Regeneration gehöre auch genug Schlaf, gesundes Essen und regelmäßige Bewegung. „Wenn ich etwas für meine kognitive Gesundheit tun möchte, dann muss ich meinen gesamten Lebensstil optimieren – und zwar dauerhaft. Mal hier, mal da ein bisschen Gedächtnistraining ist genauso ineffektiv wie nur ein einziges Mal die Hantel zu stemmen. Erst die Übung macht den Meister.“
Ganzheitliches Gedächtnistraining
Wer mehr zum Thema erfahren möchte, konkrete Übungen und kompetente Trainer sucht, wird auf der Webseite des Bundesverbands Gedächtnistraining e. V. fündig: https://bvgt.de/
Sprechen Sie auch uns gern auf das Thema an und lassen Sie sich individuell beraten.
Blick ins Oberstübchen + Grüne Gedächtnis-Booster - Flora Apotheke Hannover
28. November 2022 @ 10:04
[…] Das Kurzzeitgedächtnis, unser „Arbeitsgedächtnis“ im Alltag, speichert den Input ein wenig länger, meist mehrere Sekunden bis zu einigen Minuten. Dank ihm erinnern wir uns zum Beispiel daran, wo wir unsere Schlüssel hingelegt haben. Es ermöglicht uns auch, im Gespräch einen langen Satz sinnvoll zu Ende zu führen, unserem Gegenüber zuzuhören oder einem geschriebenen Text zu folgen. Unser Kurzzeitgedächtnis dient also der Konzentration und Aufmerksamkeit. Das Problem: Seine Kapazität ist begrenzt. Und so kommt es, dass wir eine gerade gehörte Telefonnummer ruckzuck wieder vergessen haben – oder der vermaledeite Schlüssel eben doch nicht da auf uns wartet, wo wir ihn vermuten. 90 Prozent der aufgenommenen Informationen verflüchtigen sich auf diese Weise, Tendenz steigend, denn das Kurzzeitgedächtnis lässt mit zunehmenden Lebensjahren nach. Aber: Wir können unseren „Arbeitsspeicher“ erweitern, indem wir ihn auf diverse Arten trainieren. […]