Chill doch mal
Nur nichts verpassen, ein Event jagt den nächsten… Freizeitstress ist weit verbreitet – und auf Dauer ziemlich ungesund. So gelingt es, künftig besser abzuschalten und konstruktiv zu entspannen.
Nicht nur der Job, sondern auch die Freizeit wird für immer mehr Menschen zum Stressfaktor: „Der ständige Blick aufs Smartphone und die Aktivitäten der anderen setzen uns häufig erheblich unter Druck“, erklärt Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor einer Privatklinik in Duisburg. „Wir befürchten, irgendetwas zu verpassen und wollen möglichst genauso viel erleben, wie es in sozialen Medien vorgelebt wird.“ Doch genau das sei der falsche Weg, warnt der Experte.
„Sinnvoll ist es, bei Freizeitaktivitäten mit Maß und Ziel vorzugehen.“
Wie Studien zeigen, verlernen viele Menschen zunehmend, ihre Freizeit zu genießen – und schaden so auch ihrer Gesundheit: „Wer ständig das ganze Wochenende verplant und rundum ausgebucht ist, fördert eher Erschöpfung als Entspannung“, weiß er und rät: „Versuchen Sie nicht, das Maximale aus den freien Tagen herauszuholen, sondern setzen Sie mit einigen ausgewählten Terminen Akzente.“ Das müssen nicht immer Highlights sein. Viel kostbarer sind oft unspektakuläre Aktivitäten, die Spaß machen und unbeschwerten Genuss versprechen.
Spontan bleiben
Als Erfolgsfaktor für eine stressfreie Freizeitplanung empfiehlt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie mehr Spontaneität statt fester Termine rund um die Uhr: „Verabreden Sie sich kurzentschlossen mit Freunden zum Joggen, Abendessen oder zu einem Kinobesuch statt auf Wochen im Voraus jede freie Minute zu verplanen.“ Denn zu viel des Guten nimmt uns buchstäblich die Luft zum Durchatmen. Besser: Öfter in den Tag hineinleben – und hin und wieder auch mal scheinbar „nutzlose“ oder „überflüssige“ Dinge tun. Um dem Freizeitstress ein Schnippchen zu schlagen, ist zudem eine Portion Egoismus hilfreich. „Wer sich stets verpflichtet fühlt, sich mit Freunden oder Verwandten zu treffen, der achtet oft zu wenig auf die eigenen Bedürfnisse“, weiß der Mediziner aus langer Klinikerfahrung.
Auf Dauer ungesund
Stress ist kein Phänomen unserer schnelllebigen, modernen Zeit. „Vielmehr steckt dahinter ein tief in uns verankerter archaischer Mechanismus“, erklärt Hagemann. Er ermöglichte es unseren Vorfahren, sich in bedrohlichen Situationen in Sekundenschnelle auf Flucht oder Kampf vorzubereiten. Auch heute noch schüttet unser Körper in herausfordernden Momenten reichlich Stresshormone aus – insbesondere kurzfristig wirkendes Adrenalin und Cortisol.
„Setze ich mich dauerhaft unter Druck, so tritt die langfristige Wirkung des Cortisols in den Vordergrund – mit den entsprechenden Nebenwirkungen“, warnt der Experte. Dann drohen nicht nur erhebliche psychische Beschwerden, wie Nervosität, Konzentrationsprobleme und Angstgefühle, sondern auch körperliche. Sie reichen von Magenschmerzen, Durchfall und Verspannungen bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Der richtige Mix
Chillen heißt das Zauberwort gegen schädlichen Freizeitstress: „Statt etwa stundenlang in der Stadt zu shoppen, ist es wichtig, sich auch Ruhepausen zu gönnen – vielleicht gemütlich spazieren zu gehen oder Musik zu hören“, sagt der Facharzt. Auch ausreichender Schlaf ist für die Regeneration von Körper und Geist lebenswichtig. Füllen mich meine Freizeitaktivitäten aus oder stressen sie mich häufig? Diese Frage sollten sich alle stellen, die ständig auf Achse sind und sich deshalb um ihr Wohlbefinden sorgen. Wenn der Stress überwiegt, ist es Zeit, umzudenken.
Auch im Urlaub kann Alltagsstress zurückschlagen und begünstigt das Krank-im-Urlaub-Phänomen „Leisure Sickness“
Sieben alltagstaugliche Anti-Stress-Tipps
- Versuchen Sie, Arbeit und Freizeit weitestgehend zu trennen
- Legen Sie Ihr Smartphone regelmäßig beiseite. Ansonsten riskieren Sie eine permanente Überflutung mit Informationen.
- Pflegen Sie angenehme soziale Kontakte; vermeiden Sie Pflichttermine sowie wiederkehrende Überforderungssituationen.
- Achten Sie auf regelmäßigen Ausdauersport und ausgleichende Freizeitaktivitäten.
- Testen Sie Entspannungsverfahren wie Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation.
- Gönnen Sie sich ausreichenden Schlaf, etwa sieben Stunden sollten es sein.
- Erkundigen Sie sich in Ihrer Apotheke nach pflanzlichen Präparaten für innere Ruhe und Ausgeglichenheit. Auch die Homöopathie kennt wirksame Mittel.
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