Bioindikatoren – hilfreiche Hellseher
Ohne Moos nix los – und ohne Flechten, Tagfalter und Libellen auch nicht. Denn sie verraten uns viel über den Zustand unserer Umwelt.
Sogenannte Unkräuter gehen uns im Garten oft ganz schön auf den Zeiger. Ein gutes Stichwort, denn bei vielen handelt es sich tatsächlich um „Zeigerarten“, auch Bioindikatoren genannt: lebende Organismen, die Hinweise geben auf die Beschaffenheit des Umfelds. Und damit sind sie alles andere als unnütz! Macht sich in Ihrer grünen Oase etwa reichlich Löwenzahn breit, haben Sie vermutlich einen kalkhaltigen Boden. Prima für Fliederbäume, Sonnenhut und Holunder, eher ungünstig für Rhododendren und Hortensien. Brennnessel und Giersch hingegen deuten auf stickstoffreiche Erde hin: optimal für stark- und mittelzehrende Gemüsesorten wie Tomaten, Kartoffeln und Karotten!
Glücksbringer im Garten
Auch welche Tiere unseren Garten bevölkern, lässt Rückschlüsse auf seine Eigenschaften zu. Je mehr Insekten sich darin zu Hause fühlen, desto besser: Viele Bewohner künden von einem intakten Ökosystem. Tummeln sich bei Ihnen beispielsweise Marienkäfer, verheißt dies tatsächlich Positives, denn die symbolischen Glücksbringer ernähren sich von Blattläusen und anderen Schädlingen. Auch Regenwürmer sollten wir herzlich willkommen heißen: Ihre Anwesenheit ist ein Zeichen für gesunde, gut durchlüftete und fruchtbare Böden. Vögel wie Amsel, Bachstelze und Blaumeise bezirzen Sie täglich mit ihrem „Gesang“? Freuen Sie sich; die Piepmatze sind Insektenfresser; fühlen Sie sich bei Ihnen wohl, ist ihr Tisch reich gedeckt. Zeigerarten spielen aber nicht nur für die Gartenpflege eine Rolle, sie stellen vor allem eine wichtige Hilfe für den Umweltschutz dar. Denn als Bioindikatoren ermöglichen sie uns, bestimmte Parameter von Ökosystemen zu überwachen, insbesondere die Qualität von Luft, Wasser und Böden. Tiere, Pflanzen und Pilze fungieren als Frühwarnsysteme für Umweltveränderungen, oft lange bevor diese durch physikalische oder chemische Messungen nachweisbar sind.
Unverzichtbar für die Umwelt
Wachsen in Wäldern und auf Obstwiesen zum Beispiel reichlich Flechten an Bäumen, können wir aufatmen: Die symbiotischen Organismen aus Algen und Pilzen reagieren empfindlich auf Luftschadstoffe, Feuchtigkeit und hohe Temperaturen. Sind sie vorhanden, ist „die Luft rein“. Ähnliches gilt für Moose: Die märchenhaften Wasserspeicher bestehen aus wenigen Zellschichten und sind absolute Sensibelchen, was Hitze und Feinstaub angeht: Bei hohen Werten sterben sie rasch ab. Schmetterlinge bezaubern uns nicht nur mit ihrer Optik, sie stellen auch ein Indiz für eine intakte Natur dar. Der Grund: Sie gehören zu den anspruchsvollsten Arten, die neben Licht und Schatten auch bestimmte Pflanzen und gute Wetterbedingungen benötigen. In einer Umgebung, in der sie sich wohlfühlen, gedeiht auch vieles andere bestens. Reduziert sich hingegen der Tagfalter-Bestand, kündet dies von einer ungünstigen Veränderung der Natur. Ob Umweltschutzmaßnahmen greifen, lässt sich daher rasch an einer Rückkehr der Flatterer erkennen. Auch Libellen ermöglichen zuverlässige Rückschlüsse auf den Zustand eines Lebensraumes: Da sie Jahre als Larven im Wasser verbringen, geben sie Aufschluss über Gewässerchemie und Fließgeschwindigkeiten. Nur bei guter Wasserqualität können sie sich im Frühstadium ordnungsgemäß entwickeln. Aber auch das Nahrungsangebot an Land und die Strukturvielfalt der Uferbereiche – wichtige „Wellnessfaktoren“ für die erwachsenen filigranen Flieger – sind ein direkter Fingerzeig: Eine große Populationsdichte weist gleichzeitig ausreichend Beutetiere und -pflanzen für Libellen nach. Vögel können als einzige Bioindikatoren dreidimensional wirken – sie fliegen, einige von ihnen über riesige Gebiete und lange Strecken, halten sich in Bodennähe auf, schwimmen und dringen teilweise sogar recht tief in Flüsse und Seen vor. Kein Wunder also, dass sie Zeiger für diverse Umweltbelastungen sind. Neben Hinweisen zu Luft- und Lichtverschmutzung liefern Untersuchungen des Vogel-Bestandes einer Region auch solche zu Bodenbeschaffenheit, Lärmintensität, Klimaerwärmung und biologischer Vielfalt.
Bioindikatoren bitte beachten
Sie sehen: Durch einen aufmerksamen Blick auf unsere Natur können wir auf Veränderungen rechtzeitig reagieren und Belastungen reduzieren. Das hilft, die Umwelt und damit nicht zuletzt auch unsere Gesundheit zu schützen. Zeigerarten ermöglichen dies übrigens auf ressourcenschonende und kostengünstige Weise, denn ihre Überwachung lässt sich meist viel unkomplizierter und schneller umsetzen, als chemisch-physikalische Analysen. Zum Beispiel bei Ihnen im Garten!
Bodentyp >> Zeigerpflanzen
- Trockener Boden >> Fingerkraut, Kleiner Wiesenknopf, Wolfsmilch
- Nasser Boden >> Ampfer, Mädesüß, Sumpfdotterblume
- Sandboden >> Klatschmohn, Königskerze, Vogelmiere
- Lehmboden >> Bingelkraut, Persischer Ehrenpreis, Huflattich
- Kalkarmer Boden >> Ehrenpreis, Sauerampfer, Sauerklee
- Kalkhaltiger Boden >> Ackersenf, Gundermann, Löwenzahn
- Stickstoffreicher Boden >> Brennnessel, Giersch, Hirtentäschel
- Stickstoffarmer Boden >> Hornkraut, Hungerblümchen, Wilde Möhre
