Reisen mit grünem Gewissen
Wo und wie wir die Ferien verbringen, hat großen Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck, berichtet Stephanie Drönner. Die gute Nachricht: Er lässt sich überall verkleinern – ob beim Radwandern in der Eifel oder beim Strandurlaub in Thailand.
Mit leichtem Gepäck Ob mit dem Flugzeug oder Auto: Je mehr Gewicht wir dabeihaben, desto stärker der CO2-Ausstoß. Verzichtbares deshalb zu Hause lassen!
Während uns die Pandemie die Luft nahm, bedeutete sie für unsere Umwelt eine kurze Atempause. Denn Urlaub in der Ferne fiel flächendeckend aus – und der, wie eine Studie der University of Sydney zeigte, hat erhebliche Effekte. So gingen vor Corona acht Prozent aller Treibhausgasemissionen aufs Konto des Tourismus. Den dritten Platz der Verursacherländer belegte dabei Deutschland, nach den USA und China. Doch mit dem Wegfall vieler COVID-Beschränkungen wächst auch unsere Reiselust wieder. Müssen wir jetzt, der Nachhaltigkeit zuliebe, zu Hause bleiben? Nicht unbedingt: Wer bewusst bucht, an- und abreist und vor Ort „richtig“ urlaubt, der kann einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Perfekte Planung
Grundsätzlich gilt: Je weiter entfernt unser Ferienort liegt, desto größer ist die Umweltbelastung. Umso wichtiger, dass die Relation zwischen Reisedauer und Distanz zur Destination stimmt. Kleine Faustregel: Liegt das Ziel 700 Kilometer entfernt, sollten wir uns mindestens eine Woche dort aufhalten; Fernreisen über 2.000 Kilometer und mehr „lohnen“ sich frühestens ab 14 Tagen. Und das nicht nur aus Umweltgesichtspunkten: Ein Kurztrip nach Dubai ist ebenso wenig erholsam wie das Shopping-Weekend in New York. Fernziele also lieber seltener anstreben und dafür, wenn es soweit ist, ausreichend Zeit nehmen, lautet die Devise. Oft liegt das Gute ja auch viel näher, als wir denken. Daher sollten wir uns bei jeder Urlaubsplanung fragen, was genau wir von unserem Ziel erwarten – und dann recherchieren, welcher Ort, der unsere Bedürfnisse weitestgehend abdeckt, am nächsten liegt.
Bedacht buchen
Liegt uns Nachhaltigkeit am Herzen, kann auch dieser Faktor den Ausschlag für die Auswahl geben. Doch wie finden wir heraus, wo Umweltschutz wirklich großgeschrieben wird? Das geht ganz einfach, denn spezielle Buchungsportale im Web helfen dabei. Bei bookitgreen.com/de/ finden Sie etwa Unterkünfte in ganz Europa, die mit entsprechenden Zertifikaten ausgestattet sind und zahlreichen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Ähnlich funktioniert www.fairweg.de; hier werden nachhaltig wirtschaftende Hotels rund um den Erdball gelistet. Und wer mag, kann die CO2-Kompensation für einen etwaigen Flug gleich mit dazubuchen. Auf forumandersreisen.de haben sich über 100 Reiseveranstalter zusammengeschlossen, die sich für nachhaltigen Tourismus engagieren. Und es gibt noch zahlreiche weitere Plattformen – ein Blick in die Suchmaschine mit den Begriffen „Urlaub“ und „nachhaltig“ hilft.
Tourismus für den Naturschutz
Kein Urlaub ist auch keine Lösung: Wie der WWF berichtete, hat der coronabedingte Reiseverzicht massive Schattenseiten für die Umwelt. Etwa Einnahmeeinbußen bei afrikanischen Schutzgebieten und Nationalparks. Die Folge: Wildhüter „können nicht mehr beschäftigt und bezahlt werden, Einnahmen aus gemeindebasierten Tourismusprojekten brechen weg und viele Familien, deren Existenzen daran geknüpft sind, leiden unverschuldet große Not“, erläutert die Naturschutzorganisation auf ihrer Homepage. Das fehlende Einkommen durch den Tourismus steigere den Druck auf Biodiversität und Ökosysteme, warnt der WWF weiterhin.
Faktor Flug
Die Unterkunft ist gefunden – doch wie kommen wir hin? Ins Flugzeug steigen sollten wir erst ab einer Strecke von 800 Kilometern. Hintergrund ist der Steigflug beim Start, der besonders viel Treibstoff verbraucht. Das macht gerade Kurzstreckenflüge zum Klimakiller. Wer seine Destination mit dem Flieger ansteuert, sollte einen Direktflug bevorzugen: Zwischenstopps belasten unser Zeit- und Umweltkonto. Letzteres leidet besonders bei Langstrecken, da die in großer Flughöhe ausgestoßenen Gase und entstehenden Kondensstreifen die negative Klimawirkung stark intensivieren. Wer eine Auszeit auf der thailändischen Insel Phuket plant, muss dafür bereits über 2.000 Kilogramm CO2 einkalkulieren, doch Kondensstreifen, Stickoxide, Wasserdampf und andere Treibhausgase erhöhen die Klimabelastung noch um den Faktor 3. Zum Erreichen des Ziels, eine Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad zu vermeiden, dürften es jedoch pro Kopf nur 1,5 Tonnen sein – im Jahr. Klimaschutzorganisationen wie Atmosfair ermöglichen die Kompensation dieser Umweltbelastung durch Zahlung eines Geldbetrags. Unser Thailand-Flug entspräche 140 Euro, mit dem Atmosfair Klimaprojekte unterstützt.
Umweltfreundlich unterwegs
Für Ziele, die nicht am anderen Ende der Welt liegen, eignen sich oft auch Anreisealternativen. Wer wirklich klimaneutral von A nach B kommen möchte, für den sind Weit- und Fernwanderwege sowie Radtouren eine tolle Möglichkeit. Wussten Sie, dass es jede Menge mit Preisen ausgezeichnete Strecken in Deutschland gibt? So beginnt der Urlaub direkt vor der Haustür. Besonders schöne Trails für Sattelfeste werden etwa unter www.fahrradreisen.de vorgestellt, wie der 357 Kilometer Nordseeküstenradweg. Welche Wege sich auf Schusters Rappen besonders lohnen, verrät zum Beispiel www.wanderbares-deutschland.de. Klimafreundlich auf Tour sind Sie auch mit der Bahn; der Zug erzeugt pro Person und Kilometer nur rund 35 Gramm Treibhausgase. Fahren wir als Einzelperson im Auto, sind es etwa fünfmal mehr, im Flieger sogar rund das Siebenfache. Starten Sie jedoch zu mehreren in den Urlaub, ob als Familie oder Gruppe, ist das Auto oder der Fernlinienbus durchaus eine akzeptable Transportmöglichkeit. Je mehr mit an Bord sind, desto besser. Bei vier belegten Autositzen schlägt die Fahrt pro Kopf und Kilometer nur noch mit knapp 50 Gramm CO2 zu Buche. Sie reisen als Paar im Pkw? Vielleicht bieten Sie die freien Plätze bei der Mitfahrzentrale (www.mifaz.de) oder bei www.blablacar.de an. Das macht die Fahrt abwechslungsreicher, und fürs Chauffieren gibt’s ein Entgelt – Zubrot für die Urlaubskasse.
Aktiv am Urlaubsort
Gut am Ferienziel gelandet, spielt auch unser Verhalten vor Ort eine große Rolle. Denn springen wir am Strand gleich auf den Jetski, buchen einen Rundflug oder ernähren uns ausschließlich vom All-inclusive-Büfett, gibt’s dafür keinen Nachhaltigkeitspreis. Besser: Wir nutzen auch während des Urlaubs umweltfreundlich den ÖPNV oder Fahrrad und Co. Lassen sich bestimmte Touren nur per Mietwagen absolvieren, ist es vielleicht möglich, sich mit anderen Touristen ein Auto zu teilen. Bei Ausflügen und Mahlzeiten in Restaurants achten wir darauf, dass die Locations von Einheimischen betrieben werden oder dort angestellt sind und so von den Einnahmen profitieren. Deshalb bitte möglichst auf Rundum-Verpflegung im Hotel verzichten: Hiervon hat die lokale Bevölkerung kaum einen Vorteil. Und mal ehrlich: Was gibt es auf Reisen Schöneres, als – jenseits des Pool-Liegestuhls – Natur, Kultur und Menschen kennenzulernen, hiesige Spezialitäten zu genießen und so den Horizont zu erweitern?
Wie groß der ökologische Fußabdruck Ihrer Reise ist, können Sie auch mit Hilfe von Online-Tools ausrechnen, z.B.: ecopassenger.hafas.de
Alles für die Gesundheit im Urlaub gibt’s in Ihrer Apotheke. Und natürlich stehen wir Ihnen gern beratend zur Seite.