Nahrungsergänzungsmittel – Wer braucht eine Extraportion?

Nahrungsergänzungsmittel sind in bestimmten Lebenslagen und für spezielle Personengruppen sinnvoll. Saskia Fechte stellt dar, auf wen das zutrifft?

Wer sich ausgewogen ernährt, braucht keine Nahrungsergänzungsmittel – darüber herrscht weitgehend Einigung. Unabhängig von der Frage, wie viele das tatsächlich beherzigen, befürworten Experten die Vitamine und Mineralstoffe aus der Apotheke für viele Menschen. Entweder, weil sie nötige Vitalstoffe nicht in ausreichender Menge aufnehmen, oder, weil ihr Bedarf für einzelne Substanzen erhöht ist. Mögliche Gründe sind krankheitsbedingte Diäten oder Lebensmittelallergien, große körperliche Belastungen oder eine dauerhafte Einnahme von Medikamenten. Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung e. V. ist ein Großteil der deutschen Bevölkerung generell unzureichend versorgt mit Vitamin D, Folsäure, Jod und Calcium, vielen Frauen fehlt Eisen.

Nahrungsergänzungsmittel sind zwar keine Arzneimittel, ihre Einnahme sollte trotzdem in Absprache mit dem Arzt erfolgen. Bei Verdacht auf einen Vitamin- oder Mineralstoffmangel wird er den Status messen, meist anhand von Blutwerten, und ein geeignetes Präparat auswählen. Auch Ernährungsprotokolle, von einer Fachkraft ausgewertet, oder Selbsttests aus der Apotheke geben Hinweise, wo etwas fehlen könnte. So lassen sich individuelle Defizite aufdecken und gezielt beheben.

 

Sie brauchen Nahrungsergänzungsmittel:

 

Säuglinge

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin empfiehlt, drei Nährstoffe zu ergänzen: Vitamin D, Vitamin K und Fluorid.

Vitamin D

Der Körper kann Vitamin D3 oder Cholecalciferol mithilfe von Sonnenlicht in der Haut selbst produzieren. Säuglinge sind allerdings vor direkter UV-Strahlung zu schützen und Muttermilch oder Trinknahrung liefern nicht genügend Vitamin D. Für ein gesundes Wachstum von Knochen und Zähnen sowie eine optimale Muskelentwicklung werden daher Vitaminpräparate für alle Säuglinge empfohlen: ab der zweiten Lebenswoche bis zum zweiten erlebten Frühsommer des Kindes täglich 400 bis 500 I.E. (Internationale Einheiten).

Vitamin K

Neugeborene können nicht auf gefüllte Speicher zurückgreifen, die eigene Herstellung im Darm funktioniert noch nicht richtig. Auch Muttermilch enthält nicht genug Vitamin K. Als unerlässlicher Faktor für die Blutgerinnung ist es jedoch notwendig, um lebensbedrohlichen inneren Blutungen vorzubeugen. Daher wird Vitamin K – genauer gesagt: seine Unterform Phyllochinon oder Vitamin K1 – direkt nach der Geburt verabreicht. Später folgen noch zwei weitere Gaben von je zwei Milligramm bei der zweiten und dritten Vorsorgeuntersuchung beim Kinderarzt, der sogenannten U2 und U3.

Fluorid

Die Ergänzung von Fluorid wird für jedes Alter empfohlen und wird von den meisten Menschen als Zusatz in Zahnpasta täglich umgesetzt. Der Mineralstoff stärkt den Zahnschmelz und schützt vor Karies. Da bei Säuglingen die Anwendung von Zahnpasta zunächst entfällt, sind Fluoridtabletten die gängige Alternative. Bei der Dosierung ist Sorgfalt angebracht, denn auch ein Zuviel kann negative Folgen für die Knochen und Zähne haben. Daher wird die Menge auf den regionalen Fluoridgehalt des Trinkwassers abgestimmt, in der Regel liegt sie bei etwa 0,25 Milligramm täglich. Für eine optimale Aufnahme wird Fluorid zusammen mit Vitamin D gegeben. Sobald das Baby feste Kost bekommt, wird zusätzlich fluoridhaltiges Speisesalz verwendet. Kinder bekommen Fluorid, bis sie Zahnpasta komplett ausspucken können. Dann erfolgt die Versorgung über fluoridhaltige Zahnpasta.

 

Schwangere

Viele werdende Mütter widmen ihrer Ernährung mit Beginn der Schwangerschaft besondere Aufmerksamkeit. Zu Recht, denn ihr Verhalten hat großen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes – bis ins hohe Alter. Ob jemand im Lauf des Lebens Übergewicht oder Erkrankungen wie Allergien oder Diabetes entwickelt, ist auch von der Nährstoffversorgung im Mutterleib abhängig. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt Schwangeren zusätzlich zu einer gesunden Ernährung mit leicht erhöhter Kalorienzufuhr auch Nahrungsergänzungsmittel: Insbesondere Folsäure und Jod, eventuell DHA. Denken Sie daran: Auch nach der Schwangerschaft ist für das heranwachsende Kind eine ausreichende Mikronährstoffsubstitution sinnvoll.

Folsäure

Folsäure, auch als Vitamin B9 bekannt, ist vor allem in den ersten Schwangerschaftswochen für eine gesunde Entwicklung wichtig, insbesondere für das Nervensystem. Daher sollte bei Frauen mit Kinderwunsch frühzeitig besonderes Augenmerk auf der Folsäureversorgung liegen, also schon bevor sie schwanger sind. Hier kann zunächst eine vollwertige Ernährung mit viel grünem Gemüse wie Spinat, Grünkohl, Feldsalat und Brokkoli sowie Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten ausreichen. Spätestens mit Beginn der Schwangerschaft kommt Folsäure als Nahrungsergänzung hinzu. Die tägliche Dosis liegt bei 400 bis 450 Mikrogramm, mindestens bis zum Ende des ersten Trimenon.

Jod

Hier gilt Ähnliches wie für Folsäure. Um frühen Entwicklungsstörungen vorzubeugen, sollte Jod möglichst vor der Schwangerschaft ergänzt werden. Den erhöhten Bedarf können 100 bis 150 Mikrogramm Jod pro Tag plus eine jodreiche Ernährung decken. Geeignete Quellen sind Milchprodukte, Meersalz sowie jodiertes Speisesalz. Algen enthalten zwar viel Jod, sind für Schwangere aber nicht zu empfehlen. Achtung: Bei einer Schilddrüsenerkrankung ist die Gabe von Jod medizinisch abzuklären. Ggf. sinnvoll ist die Kombination mit Selen, um die Schilddrüse vor entstehenden Radikalen und einer möglichen Hashimoto-Erkrankung zu schützen.

Docosahexaensäure (DHA)

Schwangere, die genug von dieser Omega-3-Fettsäure zu sich nehmen, verringern das Risiko für eine Frühgeburt. Zudem ist DHA vermutlich bedeutsam für die Gehirn- und Nervenentwicklung des Kindes. Nennenswerte Quellen sind fettreiche Meeresfische; daher sollten Frauen, die nicht wöchentlich etwa 200 Gramm Makrele, Hering, Lachs und Co. essen, DHA substituieren.

Weitere wichtige Vitalstoffe

…während einer Schwangerschaft sind Eisen, Zink und Vitamin D. Die körpereigene Vitamin-D-Produktion hängt davon ab, wie oft frau sich in der Sonne aufhält – also auch, zu welcher Jahreszeit sie schwanger ist. Weiterhin zählt, ob sie übergewichtig oder Diabetikerin ist. Was ergänzt werden sollte, kann der Arzt prüfen.

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Vegetarier und Veganer

Es ist möglich, mit reiner Pflanzenkost und einem gut durchdachten Speiseplan alle nötigen Nährstoffe in ausreichender Menge aufzunehmen – mit einer Ausnahme: Vitamin B12.

Vitamin B12

Diese Substanz, auch Cobalamin genannt, kommt nämlich nur in tierischen Lebensmitteln in nennenswerten Mengen und verwertbaren Formen vor. Für Veganer ist ein Vitamin B12-Präparat also ein Muss. Die Empfehlung liegt bei täglich vier Mikrogramm für Erwachsene. Da auch die Versorgung vieler Vegetarier mit Vitamin B12 kritisch ist, empfiehlt sich auch für sie ein Test.

Weitere Vitalstoffe

…, die vor allem Veganer im Blick behalten sollten, sind laut Verbraucherzentralen Eisen, Jod, Calcium, Zink, Selen und Omega-3-Fettsäuren sowie Vitamin B2. Ein jährlicher Check beim Arzt gibt Sicherheit.

 

Senioren

Ob die Energie- und Vitalstoffversorgung in höherem Lebensalter ausreichend ist, hängt von vielen Faktoren ab. Oftmals schwinden sowohl der Appetit als auch die Motivation, sich frische Speisen zuzubereiten. Mit dem Alter kann der Körper außerdem bestimmte Nährstoffe schlechter aufnehmen und verarbeiten. Gleichzeitig werden Erkrankungen und die Einnahme von Medikamenten häufiger, die Einfluss auf Essverhalten, Nährstoffversorgung und -bedarf nehmen.

Pauschale Ergänzungsempfehlungen für Senioren gibt es nicht; Studien lassen jedoch vermuten, dass viele Ältere unterversorgt sind. Einige Substanzen sind für Senioren als kritisch einzustufen und gegebenenfalls zu ergänzen. Andernfalls steigt das Risiko für Knochenbrüche, neurologische Störungen oder Depressionen.

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Vitamin D

Es gibt zahlreiche Gründe, warum sich ältere Menschen selten im Freien aufhalten. Das Ergebnis ist eine sinkende Vitamin D-Bildung der Haut. Diese Fähigkeit nimmt mit steigendem Lebensalter ohnehin ab. Bei Frauen in den Wechseljahren steigt zudem das hormonbedingte Risiko für einen Mangel.

Vitamin B12

Gesundheitliche Einschränkungen, die die Aufnahme von Vitamin B12 stören können, sind bei älteren Menschen häufig. Dazu zählen Entzündungen in Magen und Darm, chronische Nierenschwäche oder Leberzirrhose.

Weitere Nährstoffe

…können im Alter kritisch werden: Eiweiß, Calcium, Vitamin B6 und Vitamin C. Schuld ist die abnehmende Produktion von Verdauungsenzymen, die Vitamine und Mineralstoffe für den Körper verfügbar machen. Außerdem sind viele Senioren bei Folsäure, Eisen und Jod unterversorgt.

 

Sportler und Schwerarbeiter

Wer viel schwitzt, verliert viele wasserlösliche Vitamine, vor allem Vitamin B1, B2 und B6. Außerdem Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Magnesium. Entsprechende Tests und Nährstoffergänzungen können daher für Menschen, die viel Sport treiben sowie für schwer körperlich arbeitende Personen sinnvoll sein.

 

Menschen mit bestimmten Erkrankungen

Chronische Bronchitis (COPD)

Auch hier zählt Vitamin D zu den kritischen Nährstoffen, außerdem Vitamin A und Eisen. Die allgemeine Leistungsfähigkeit, Atemvolumen und Lungengewebe scheinen von einer Nahrungsergänzung zu profitieren. Zudem ist eine gute Nährstoffversorgung bei einem erhöhten Risiko für Atemwegsinfekte wichtig, besonders in Zeiten von COVID-19 oder Grippe.

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Entzündliche Darmerkrankung

Colitis ulcerosa, Morbus Crohn und andere Störungen im Verdauungstrakt können den Nährstoffgewinn aus der Nahrung einschränken. Sogenannte Absorptionsstörungen können einen generellen Energiemangel sowie eine Unterversorgung mit den Vitaminen A, D, E, und B12 sowie Folsäure und Eisen hervorrufen.

Bauchspeicheldrüsenentzündung

Bei einer Pankreatitis, wie Mediziner die Krankheit nennen, ist die Fettverdauung gestört. Folglich entsteht bei vielen Betroffenen ein Defizit bei den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K. Als ernährungstechnische Maßnahme bei einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse eignet sich auch hervorragend Löwenzahn.

 

Bei weiteren Erkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Krankheiten können Nahrungsergänzungsmittel ebenfalls sinnvoll sein.

Zudem möchten wir Sie auch auf unser Vitalstoff-ABC auf der Flora Apotheken Website aufmerksam machen.

 

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Bei Fragen helfen wir Ihnen natürlich auch gern weiter und beraten Sie.

 
 

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Text mit freundlicher Genehmigung der S&D Verlag GmbH. Das komplette „special“ bekommen Sie auch bei uns in der Apotheke als Beilage in der „Naturheilkunde & Gesundheit“.