Gluten. Ein Leben mit Zöliakie. Ist das glutenfrei?
Bedingt durch einen Boom von Pseudo-Gesundheitsgastronomien mit grünen Markisen sowie Bio-Getränken in der offenen Kühlung und vielen leider nur pseudo gesund lebenden Menschen verkommt die Zöliakie, eine krankhafte Glutenunverträglichkeit, und die damit wichtige Frage nach Glutenfreiheit zu einer nicht ernstgenommenen Modeerscheinung und Betroffene sehen sich oftmals mit einem verständnislosem Kopfschütteln („eine kleine Menge macht doch nix“) oder schlimmer noch, gefährlicher Unwissenheit seitens der Verkäufer konfrontiert.
In Deutschland liegt die Häufigkeit von Zöliakie zwischen 1:270 und 1:500 und betrifft damit eine nicht unerhebliche Zahl von Mitbürgern. Für die Betroffenen gibt es keine ursächliche Heilung, nur eine (lebenslange!) strenge glutenfreie Ernährung ermöglicht ein beschwerdefreies Leben. Schon bei kleinsten Mengen von Gluten sind die Probleme zurück. Deswegen ist die Frage nach der Glutenfreiheit für Betroffene so immens wichtig und keineswegs zu belächeln oder zu missachten. Bei Zöliakie wird sogar ein Grad der Behinderung anerkannt.
Die Zöliakie (auch Sprue oder Heubner-Herter-Krankheit etc.) ist eine Glutenunverträglichkeit. Durch Gluten in der Nahrung entsteht bei Erkrankten (die Ursache ist ungeklärt, oftmals aber auch erblich) eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut, die wiederum zur Zerstörung der Zellen führen kann, die im Verdauungsprozess die Nährstoffe aus der Nahrung gewinnen (Darmepithelzellen). Neben der so entstehenden Unterversorgung erhöht sich das Risiko einiger Krebserkrankungen. Zudem geht die Erkrankung manchmal mit einem Diabetes mellitus Typ 1 sowie einer zumeist nur anfänglichen Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) einher. Wie gesagt, es gibt keine Heilung nur die Vermeidung von Gluten mit allen damit verbundenen Umständlichkeiten im eigenen sowie sozialen Leben.
Es gibt viele Auflistungen glutenfreier und glutenhaltiger Produkte sowie Rezeptsammlungen glutenfreier Speisen (die AOK bietet sogar eine Rezepte-App für den Einkauf unterwegs an), die Betroffenen und Ihren Freunden und Familien den Umgang und das Einhalten der Diät ermöglichen. Problematischer als die Umstellung der Lebensgewohnheiten sind die unwissend lauernden Gefahren, z.B. schlecht gereinigte Getreidemühlen, die eigentlich glutenfreie Produkte mit noch vorhandenen Spuren aus alten Arbeitsprozessen kontaminieren oder eben auch ungeschultes Personal, dass einem ein normales Weizenbrot als glutenfrei verkaufen will. Nun darf man sich nicht von Angst leiten lassen, aber eine gesunde Vorsicht ist durchaus wichtig. Ein offener Umgang und aufklärerische Gespräche im Freundes- und Familienkreis machen es auch dem Umfeld leichter…
Aber was ist Gluten?
Gluten gewinnt besonders beim Backen eine besondere Bedeutung, denn in Verbindung mit Wasser bildet sich ein Klebereiweiß, das nach Dehnung durch Gärgase und folgender Gerinnung/Verhärtung für das Aufgehen und vor allem das Halten der Form eines Brotlaibs verantwortlich ist.
Dabei ist Gluten nur ein Sammelbegriff für verschiedene Bestandteile, die im Samen einiger Getreidearten (z.B. in Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Grünkern, Dinkel, Kamut, Einkorn und natürlich allen daraus hergestellten Lebensmitteln) vorkommen. Sie werden in Gluteline und Prolamine unterschieden und diese wiederum in weitere teilweise unterverzweigte Untergruppen. Für die Zöliakie werden hauptsächlich die Prolamine verantwortlich gemacht, aber auch die Gluteline sollten wegen Problemen vermieden werden. Natürlich ist jeder Mensch und die Ausprägung seiner Erkrankung unterschiedlich, so dass eine komplett individuelle Betrachtung aller möglichen Zusammensetzungen schier unmöglich ist.
Gemäß der aktuell gültigen EU-Verordnung (Nr. 41/2009) können Lebensmittel im Verkauf mit dem Label „glutenfrei“ versehen werden, wenn sie beim Verkauf an den Endverbraucher einen Glutengehalt von höchstens 20 mg/kg (= 20 ppm) aufweisen.
Auch hier wird (sicherlich auch aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit) auf eine genaue Differenzierung verzichtet, die Individualität bleibt bei diesem Grundrichtwert auf der Strecke. Aber nicht nur die des Betroffenen…
Auch die Individualität einzelner Produkte wird damit unterlaufen. Ein schönes Beispiel ist Wildreis:
Während Reis im allgemeinen als glutenfrei geführt wird, war man beim Wildreis lange Zeit anderer Meinung, denn er ist aus botanischer Sicht kein Reis, sondern eine Wasserpflanze und steht dem Hafer (glutenrelevant betrachtet, ein absolutes Tabu-Getreide) näher als dem Reis. Genauere Untersuchungen haben jedoch belegt, dass die darin vorkommenden Glutenbestandteile keine Probleme verursachen und der Wildreis trotz vorhandener Gluten mittlerweise als „glutenfrei“ deklariert wird (sagt z.B. auch die Stiftung Warentest). Und das ist richtig und gut so. Gleiches gilt im Übrigen auch für Kamut und eingeschränkt vernünftige Dinkelarten. Hier gibt es ebenfalls diverse Untersuchungen und Erfahrungsberichte, dass das enthaltene, deutlich stärker vernetzte Gluten nicht allergen oder störend wirkt. Dafür ist jedoch der Protein- und Spurenelementgehalt dieser Altgetreidesorten wesentlich höher als beim heutigen Zuchtweizen.
Betrachtet man die Entwicklung der Inhaltstoffe bei verschiedenen Getreidezüchtungen, schließlich will die Industrie es z.B. dem Discountbäcker leichter machen, indem schon bei der Pflanzenzucht auf seine Weiterverarbeitungsbedürfnisse geachtet wird, so darf keine Liste von guten und schlechten Produkten als in Stein gemeißelt betrachtet werden. Es wird Veränderungen geben und es ist super, wenn man über diese informiert wird.
Bei bestehender Zöliakie ist im Übrigen auf die Substitution diverser Nährstoffe zu achten, hier liegt eine Zottenatrophie vor, d. h. die Darmzotten verlieren ihre Struktur und sterben ab. Die Oberflächenstruktur verringert sich, wodurch die Aufnahme lebenswichtiger Nährstoffe, Vitamine und Mineralien wie z. B. Magnesium, Calcium, Folsäure, Eisen, Zink, Vitamin B6, Vitamin B12 und verschiedener Fette bei einer Zöliakie gestört wird (damit auch das Vitamin D und Vitamin K, was besonders wichtig zur Reduktion der Entzündlichkeiten ist). Das hat zur Folge, dass bei Betroffenen oft ein Nährstoffmangel vorliegt, der u. a. zu Untergewicht, Immunschwäche, Eisenmangel, Osteoporose, Hauterkrankungen oder Wachstumsstörungen führen kann. Hier ist besonders auf gut resorbierbare und wenig Komplikationen verursachende Darreichungsformen und Salzverbindungen zu achten.
Eine gute Quelle für aktuelle Informationen ist sicherlich die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V.
Das können wir für Sie tun:
Wenn wir Ihnen weiterhelfen können, z.B. in der Phase der Unterversorgung mit einer individuell auf Sie abgestimmten orthomolekularen Nahrungsergänzung oder auch mit weiteren Informationen, Ratschlägen oder auch leckerem Wildreis, sind wir gerne für Sie da.
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